Das Konzept

1)  Definition: Musikklasse

Ich orientiere mich an den von Johannes Bähr[1] beschriebenen drei Begriffe zur äußeren Abgrenzung der Modelle des Musizierens im Klassenverband im Musikunterricht, nämlich Klassenmusizieren, Musikklasse und erweiterter Musikunterricht und er definiert wie folgt:

„Als Klassenmusizieren werden alle auf Musik bezogene Tätigkeiten verstanden, die aktives Musizieren beinhalten – einschließlich der Reflexion von Gegenstand und Tätigkeit“ (Bähr 2005; S. 160)

„Der Begriff erweiterter Musikunterricht enthält ... eine quantitative Aussage. Er signalisiert ...gegenüber dem Musikangebot der Stundentafel ein erweitertes, besonderes Angebot“ (Bähr 2005, S. 161).

„Der Begriff Musikklasse meint eine besondere Form des erweiterten Musikunterrichts. Eine Musikklasse ist wesentlich dadurch definiert, dass alle Schüler einer Klasse ein Instrument erlernen oder vokale Expertise erlangen ... Am verbreitetsten sind Musikklassen in den Jahrgangsstufen 5 und 6“ (Bähr 2005, S.161)

 

An der AFR erfüllte die Musikklasse die Kriterien der dritten der o.g. Klassifizierungen Das heißt, in den Klassen 5/6 bekommen die Schülerinnen und Schüler 2 Stunden (2 x 45 Min.) zusätzlichen Musikunterricht. Die zwei Stunden berechnen sich wie folgt:

Die erste Stunde befreit die Schülerinnen und Schüler von der vorhandenen Wahl-Pflicht-AG. Die zweite Stunde wird von einer der drei Lernstunden (Hausaufgabenstunden) zur Verfügung gestellt. Für Material (Schlegel, Instrumentenbau etc.) werden pro Monat 10,00 € in Rechnung gestellt. Am Ende der Orientierungsstufe gehen die Instrumente in das Eigentum der Eltern/Kinder über.

Den Schülerinnen und Schüler soll durch den systematischen Aufbau eines alle Schülerinnen und Schüler umfassenden Klassenensembles dieMöglichkeit gegeben werden, verschiedene Instrumente zu bauen, zu erlernen und zu spielen. Durch die intensive Auseinandersetzung mit den Rhythmusinstrumenten entwickeln sich Fähig- und Fertigkeiten, die nicht nur im Rahmen des Musikunterrichts anschließend vielfältig, vor allem auch in Verbindung mit anderen fachlichen Schwerpunkten, genutzt werden können. Ensemblearbeit und Instrumentalunterricht[2] sind ständig auf einander bezogen und ergänzen sich kontinuierlich.

Unter Einbezug verschiedener Fortbildungsangebote wie beispielsweise die der Akademie für Musikpädagogik[3] und meiner eigenen musisch-künstlerischen Ausbildung einerseits und den übergeordneten Zielen eines allgemein bildenden Musikunterrichts entstand an der Anne-Frank-Realschule eine Art Curriculum, das sich derzeit in der Erprobung befindet und nach Erscheinen der in Kürze zu erwartenden Kernlehrpläne für das Fach Musik an der Realschule ggf. hier und da modifiziert oder angepasst werden muss. Musikklassen sind für das Schulleben und die Außenwirkung der Schulen von hoher Bedeutung. Sie tragen zur besonderen Identität der Schulen bei

 

2)  Ziele der Reihe

  • Förderung von Erlebnisfähigkeit, Freude
  • Förderung von Körpersensibilität
  • Förderung der Konzentration und Kommunikation
  • Üben der Wahrnehmungs- , Improvisations- und Merkfähigkeit
  • Experimente mit Körper und Stimme (Bodypercussion, Vocussion).
  • Förderung der Sprache
  • Förderung durch Beanspruchung beider Gehirnhälften
  • Rücksichtnahme und Aufmerksamkeit
  • Interkulturelles Lernen:
    Afrika                   Trommeln, Tanzen, Singen (Traditionell)
    Lateinamerika   Trommeln, Tanzen, Singen ( Samba, Capoeira)
    Asien                   Trommeln     (Klangcollagen, Odaiko, Gamelan)
    Europa                Traditionelle Rhythmen und Tänze verschiedener Länder

 

3) Inhalte:

  • Rhythmus
    • Einsatz von Körperinstrumenten
      -
           im Sitzen Rhythmen einüben
      -
           Rhythmen auf verschiedenen Körperinstrumenten spielen
      -
           verschiedene Rhythmen bestimmten Körperinstrumenten zuweisen
      -
           Rhythmen in der Bewegung einsetzen
      -   Rhythmusmustern in verschiedenen Spielformen (Vor-, Nachmachen)

    • Rhythmusmuster und Sprache
      ·
           Liedtexte klatschen, stampfen... lassen
      ·
           Rhythmusmuster mit Sprache unterlegen 

  • Drum-Set

    mus_kla_2

    • Aufbau
    • Spieltechnik
    • Geschichte

  • Orchesterinstrumente
    • kl. Trommel
    • gr. Trommel
    • Becken
    • Triangel etc.

  • Mallets-Stabspiele

    maus_kl_3

    • Xylophon
    • Metallophon

  • Latin-Percussion
    • Guiro
    • Sambainstrumente
    • Kongas
    • Berimbao
    • u.v.m.

      mus_kl_1

  • Afro-Percussion
    • Kpanlogo
    • Djembe
    • Glocken
    • Dundun
    • u.v.m.

  • Alltags- bzw. Schrottinstrumente
    • Instrumentenbau aus Alltagsmaterialien
    • Projekte nach "Stomp"
    • Projekte nach "Blue Men Group"
    • Offene Projekte

 


4) Methoden

Beim Erlernen der Spielweise eines Instrumentes sind selbstständige Lehrmethoden unangebracht. Niemand käme auf die Idee einem Kind eine Geige in die Hand zu drücken und zu erwarten, dass es dazu in der Lage sei, nach einiger Zeit eigenständig eine Melodie darauf zu spielen. Es muss also ein Kompromiss gefunden werden zwischen dem einerseits notwendigen, kontinuierlichen und stereotypen Üben, das der Instrumentalunterricht erfordert um eine Spieltechnik in Fleisch und Blut übergehen zu lassen und der Experimentier- und Spielfreude der Kinder.

Warming up

Das Warming up ist ein mittlerweile unverzichtbares Aufwärmtraining in der Instrumentalmusizierpraxis, genau so wie die Sänger in einem Chor sich einsingen um ihren Körper und ihre Stimme zu lockern, die richtige Körperspannung auf zu bauen und sich auf das Kommende einzustimmen.

Für die Rhythmus- und-Percussion-Klasse ist es wichtig, die Kinder auf das Metrum, die bisher gelernten oder noch zu lernenden Rhythmen einzustimmen. Ich gebe das Tempo vor, die Schülerinnen und Schüler gehen auf der Stelle und sprechen und/oder klatschen verschieden Rhythmen dazu.

Trommelsprache

In Ghana beispielsweise lernen die Kinder erst die „Trommelsprache“. (Nonsens)-Verse und Reime werden in einem bestimmten Rhythmus gesprochen[5], der dem später zu spielenden Rhythmus entspricht. Am Anfang kommt vielen Kindern das Sprechen dieser Verse albern vor, doch nach einiger Zeit der konsequenten Anwendung wird ihnen klar, dass sie dadurch ein Instrument der Selbstkontrolle beherrschen.

Call&Response-Prinzip

Das Frage- und Antwort-Prinzip ist die klassische und beim Erlernen einer neuen Spieltechnik unumgängliche Form der Vermittlung. Der Lehrer macht vor, die Schülerinnen und Schüler machen nach, bis die Schülerinnen und Schüler das Pattern beherrschen.

Schüler lernen durch Schüler

Ich habe das Glück, dass zwei Schüler aus der Klasse 10b, die schon seit mehreren Jahren Mitglieder der von mir geleiteten Trommel AG sind, jeweils ein Stunde der am Montag stattfindenden Doppelstunde assistieren. Sie nehmen dabei die Aufgaben eines Übungsleiters war, beispielsweise in der Form, dass sie mit der einen Hälfte der Klasse gemeinsam bereits Gelerntes üben, während ich mit der anderen Hälfte Neues erarbeite. Die von den älteren Schülern betreute Gruppe befindet sich auf dem gleichen Flur in einem benachbarten Raum, sodass die Schülerinnen und Schüler permanent beaufsichtigt sind.

Ensemblespiel

Das Zusammenspiel im Klassenensemble erfordert ein hohes Maß an Konzentration. Hier wird die klassische Dirigierpraxis angewendet. Das Ensemblespiel ist im gleichen Maß Methode wie Ziel.

 


[1] Bähr, Johannes (2005): Klassenmusizieren. In: Jank, Werner (Hg.): Musik-Didaktik. Praxishandbuch für die Sekundarstufe I und II, S. 159–167. Berlin: Cornelsen.

[2] Fuchs, Mechtild (2001): Methodische Aspekte des Klassenmusizierens in der Sekundarstufe I. In: Kraemer, R.; Rüdiger, W. (Hg.): Ensemblespiel und Klassenmusizieren in Schule und Musikschule, S. 95-130. Augsburg.

[4] V. Schütz: „ Die Musik Schwarzafrikas“, Lugert Verlag

[5] Siehe Anlage Rhythmusübungen Stimme 1 od 2

[6] Orientiert sich an: Akademie für Musikpädagogik; Klassenmusizieren mit Percussionsinstrumenten. http://www.musikpaedagogik.de/percussion.htm 13.01.2011